Antifeminismus lässt sich nach meiner Erfahrung in zwei Kategorien unterteilen: Einerseits gibt es extreme antifeministische Positionen, wie sie beispielsweise in rechts-konservativen Parteien, der katholischen Kirche, von Incels oder „besorgten Eltern“ und anderen Gegner*innen von sicheren Schwangerschaftsabbrüchen verbreitet werden. Andererseits tauchen bei so gut wie jeder Veranstaltung zum Thema Männern und Feminismus Stimmen auf, die feministische Anliegen verharmlosen und Männer als die eigentlichen „Opfer“ von Feministin*nen sehen.
Schuldumkehr und Verharmlosung sind wirkmächtige antifeministische Strategien
Dabei ist die Behauptung, dass (heterosexuelle) cis-Männer auch sexistisch diskriminiert werden (können), sicherlich die am häufigsten auftretende These. (Für die, die es noch nicht wissen: Was sind eigentlich cis-Männer?) Problematisch ist daran nicht nur die dahinterstehende Schuldumkehr, die Verwässerung des Begriffs „Diskriminierung“ (der sich immer auf eine systemische Unterdrückung bezieht) und die Tatsache, dass die meisten Antifeministen nicht mal wissen, dass sie Antifeministen sind. Problematisch ist nach meiner Erfahrung insbesondere, dass so gut wie immer mindestens ein cis-Mann so energisch an der These festhält, auch sexistisch diskriminiert werden zu können, dass sämtliche weiterführenden (und deutlich interessanteren) anderen Diskussionen ausgebremst werden.
(Als Mann privilegiert zu sein, also nicht sexistisch diskriminiert zu werden, bedeutet übrigens nicht, dass 1. es einem zwangsläufig gut geht, 2. Feministin*nen nicht auch mal „gemein“ zu einem sein können und 3. Männer nicht (z.B.) rassistisch diskriminiert werden können.)
Warum halten die falschen Männer (nicht) den Mund?
Das ganze lässt sich wohl auch auf die meisten Situationen übertragen, in denen Feministin*nen ihre Belange in gemischt geschlechtlichen Gruppen äußern. Mindestens ein cis-Mann wird sich schon finden, der abstreitet, abwehrt und verharmlost. Die große Mehrheit der cis-Männer hingegen tut so, als würde sie das Thema nichts angehen und hält lieber den Mund. Und diese mangelnde Solidarität von (linksorientierten) cis-Männern gegenüber Feministin*nen ist das große andere Problem, welches dazu führt, dass wir mit „dem Feminismus“ nicht weiter kommen. Diskussionen drehen sich meistens darum ob es wirklich so ist oder wie schlimm es denn jetzt ist und ob die betroffene Feministin* nicht vielleicht doch etwas zu sensibel ist… Schließlich war das ja alles keine Absicht…
Schweigen gegenüber antifeministischen Positionen ist wie mitmachen!
Zugegeben, ganz einfach ist die Situation nicht immer. Denn einerseits lehren uns Ansätze wie Verbündetenschaft (Allyship), dass privilegierte Personen, wenn marginalisierte Personen das Wort ergreifen, zuhören sollen und sie nur unterstützen sollten, wenn sie das denn auch wollen. Andererseits führt das gerade dahin, dass die cis-Männer, die immerhin schon mal ein wenig was kapiert haben, häufig viel zu still sind, gerade im Vergleich zu vorlauten Antifeministen. Während ich also noch am Anfang dieses Blogs der Meinung war, wir brauchen mehr pro_feministische Männer, denke ich inzwischen, dass schon viel gewonnen wäre, wenn Männer bezüglich antifeministischen Dynamiken besser sensibilisiert wären. Wir brauchen weniger cis-Männer die Antifeministen sind! Und dass bedeutet, liebe emanzipatorischen Männer, sich eben auch mal mit antifeministischen Männern anzulegen und unbeliebt zu machen (am besten ohne dabei einer Feministin* das Wort abzuschneiden).
Antifeminsmus und der Kampf gegen Rechts
Hier gibt es übrigens noch einen guten Artikel über die Verbindung zwischen extremem Antifeminismus und rechts-populistischen Bewegungen. Neuem Antifeminismus wird in den wenigen Publikationen, die sich um das Thema drehen, häufig die strategische Funktion zugeschrieben Themen und Gruppen zusammen zu bringen (z.B. eben „besorgte Eltern“, Incels, Rechtsradikale und die AFD mit Themen wie Schwangerschaftsabbrüche und sexuelle Selbstbestimmung… Vergleiche: Antifeminismus – ein neuer alter Hut?! Ein Kommentar). Gerade auch aus der Perspektive ist es erschreckend wie wenig Solidarität (als links identifizierte) cis-Männer mit feministischen Position zeigen. Das Thema ist viel zu wichtig um es einerseits Rechten und andererseits Frauen und der LGBTQI*-Bewegung zu überlassen! So nun aber zum Podcast:
Podcast pro_Feminismus und Männlichkeit: Antifeminismus
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Vielen Dank auch an die mitwirkenden Personen in der Sendung, Svenjan und Anne, sowie im Hintergrund, Olli und Felix. Und natürlich auch vielen Dank an das Freien Senderkombinat Hamburg!
Im Podcast verwendete Quellen & vielen Dank an:
- Mitschnitt Andreas Kemper (25. November 2016): Von der profeministischen Männerbewegung zur antifeministischen Männerrechtsbewegung
- Diskursatlas Antifeminismus
Weitere Texte zum Thema Antifeminismus
- Der Mythos der unterdrückten Männer
- Antifeminismus – ein neuer alter Hut?! Ein Kommentar
- Was ist Antifeminismus?
- Eine exemplarische Abhandlung zum Thema Lebenserwartung
- Antifeminismus und warum wir pro-feministische Männer brauchen
- Aus Politik und Zeitgeschichte 17-2018 (Anti-)Feminismus
In nächster Zeit werden hier Podcasts mit Schwerpunkt pro_Feminismus und Männlichkeit zu diesen Thema erscheinen:
- Männer und Feminismus: Annäherung ans Thema kritische Männlichkeit
- Männer und Feminismus: Elternschaft und Vaterschaft
- Männer und Feminismus: Konsens
- Männer und Feminismus: Safer Sex
- Männer und Feminismus: Schwangerschaftsabbruch
Bild: Via WikimediaCommons, Autor*in: Didier Descouens, Lizens: CC BY-SA 4.0.
Die fünf neusten Beiträge:
- Gründung einer kritischen Männlichkeiten Gruppe
- Unterstützt Monis Rache am Patriarchat
- Objektifizierung und Sexualisierung
- Männliche Rededominanz und Silencing Praktiken
- Podcast: Sexualisierte Gewalt in der linken Szene
Dies ist ein pro-feministischer Blog, der sich mit Themen der Männlichkeit und darüber hinaus auseinandersetzt. Wenn Du zum ersten mal hier bist, lohnen sich vielleicht diese zwei Texte: Was ist kritische Männlichkeit? und Herangehensweise an kritische Männlichkeit.