Eigentlich wollte ich mich in diesem Blog vor allem mit Feminismus auseinandersetzten. Bevor ich losgelegt habe, bemerkte ich, dass ich noch Defizite bezüglich meines Wissens über Antifeminismus habe. In diesem kurzen Text will ich noch einmal versuchen klar zustellen, dass Antifeminismus kein Phänomen in isolierten rechten Parteien, sondern bis weit in die Gesellschaft verankert ist. Also was genau können wir als Antifeminismus verstehen? Für Männer, die sich als pro-feministisch positionieren wollen, wäre ein erster wichtiger Schritt, sich konsequent gegen Antifeminismus zu positionieren.
Antifeminismus und die Koalition von Rechts
Dass die AFD und ähnliche Strömungen Feminismus und „Genderwahn“ ablehnen und als Ideologie verunglimpfen, dürfte den meisten Leser*innen dieses Blogs nicht entgangen sein. Und dass sich eine „unheilige Allianz“ in Europa zwischen rechten Parteien, sogenannten Lebensschützern und religiösen Gruppierungen gebildet hat und das Abtreibungsrecht in der EU unter Druck gerät, wohl auch nicht. Dazu kommen unzählige Einzelkämpfer, wie beispielsweise die Incels (siehe Video), die mit ihrem Frauen*hass insbesondere online unterwegs sind. Es wird „seit den 1990er Jahren eine Verschiebung von antifeministischen zu sogenannten „anti-genderistischen“ Diskursen feststellen“ (vergleiche Böll Stiftung). Wohin die Reise gehen kann, können wir in Ungarn sehen, wo die Genderstudies gerade verboten werden. (Vergleiche auch meinen anderen Text zu Antifeminismus.)
Diese Entwicklung können wir zu Recht als „Angriffe auf die Wissenschaftsfreiheit als Ganze“ bezeichnen. So argumentieren Dr. Heike Mauer und Dr. Uta Schmidt in „Antifeminismus – ein neuer alter Hut?! Ein Kommentar“ auf dem Blog interdisziplinäre Geschlechterforschung. „Denn letztlich propagieren sie [Antifeministen] ein reduktionistisches und rein szientistisches Verständnis von Wissenschaft, das die Methodologien und Epistemologien von Sozial-, Geistes- und Kulturwissenschaften insgesamt in Frage stellt. Auch die Interpretationsleistungen und normativen Setzungen, die in den Natur- und Technikwissenschaften geleistet werden, werden verleugnet.“**
Kritik an Feminismus vs. Antifeminismus?
Interessant finde ich die Antwort (vom 9.10.18) von Heike Mauer (unter dem Text) auf die Frage wie sich „Kritik an Feminismus von Antifeminismus“ abgrenzt. Feminismus setzte sich für die Gleichstellung aller Menschen egal welchen Geschlechts und welcher Orientierung ein. Beim Feminismus geht es insbesondere nicht um die Benachteiligung von Männern. Daher ist es logisch, dass Kritik an Feminismus nur aus einer feministischen Perspektive heraus kommen kann, um nicht antifeministisch zu sein. Und diese Kritik unter verschiedenen Ausprägungen des Feminismus (bzw. der Feminismen) gab und gibt es auch schon seit dem es Feminismus gibt. Antifeminismus benutzt „die Kritik an einer bestimmten Form des Feminismus oftmals dazu, feministische Theorien, Politiken und Bewegungen als Ganze abzulehnen, zu dämonisieren und verächtlich zu machen.“
Zudem benennt Heike Mauer drei Ausprägungen von Antifeminismus:
- „[V]erbale oder […] tätliche Angriffe auf feministische Akteur_innen: auf Frauen*, LGTBQIs und auf diejenigen, die sich für feministische Ziele einsetzen“
- Die Grundsätzliche Ablehnung der „Ziele des des Feminismus“, also die Ablehnung der Gleichstellung aller Menschen egal welchen Geschlechts und welcher Orientierung
- Gehört aber auch die Delegitimierung „feministische Anliegen“ zum Antifeminismus!
Wir müssen uns gegen Aussagen stellen, die Feminismus delegitimieren!
Während Punkt 1. und 2. für die meisten sehr einleuchtend sein sollte, ist die Delegitimierung von Feminismus sehr weit (und bis in die Linke) in unserer Gesellschaft verbreitet. Daher gehören zum Beispiel all die Aussagen wie „Männer werden ja auch diskriminiert“ zu einem gesellschaftlichen Antifeminismus, der weiterführende Diskussionen und das Ansprechen von Sexismus verhindert. In so vielen Diskussionen, die ich erlebe, geht es um die Frage ob Feminismus überhaupt eine Berechtigung hat. Da würde ich mir wünschen, dass Männer viel klarer Position beziehen und das nicht als „ausgeglichene Position“ abtun, sondern klar als Antifeminismus benenn.
*Bild: Weiße Männer mit alten Hüten, Stockholms mode-journal 1847, via WikimediaCommons
**Sehr einfacher formuliert bedeutet dies, dass Erkenntnisgewinn, anders als von bestimmten Antifeministen und quantitativen Wissenschaftler*innen behauptet, eben nicht nur auf einer angeblich objektiven und auf Zahlen basierenden Wissenschaft beruhen kann. Beispielsweise bedarf es einer (subjektiven) Fragestellung, einer wissenschaftsphilosophischen Herleitung quantitativer (also auf Zahlen basierter) Methoden und einer Interpretation der Ergebnisse, also einer Leistung die über ein reines Zahlenverständnis hinaus geht. Und auf den Punkt gebracht: Die Unterteilung in „harte“ (auf Zahlen basierter) Wissenschaft und sogenannte „Laberfächer“ macht keinen Sinn, da sich eine auf Zahlen basierende Wissenschaft nicht ohne philosophisches „rumgelaber“ hätte entwickeln können.
Die fünf neusten Beiträge:
- Gründung einer kritischen Männlichkeiten Gruppe
- Unterstützt Monis Rache am Patriarchat
- Objektifizierung und Sexualisierung
- Männliche Rededominanz und Silencing Praktiken
- Podcast: Sexualisierte Gewalt in der linken Szene
Dies ist ein pro-feministischer Blog, der sich mit Themen der Männlichkeit und darüber hinaus auseinandersetzt. Wenn Du zum ersten mal hier bist, lohnen sich vielleicht diese zwei Texte: Was ist kritische Männlichkeit? und Herangehensweise an kritische Männlichkeit.