Männer im Internet fallen sehr häufig durch anti-feministische Argumente auf. Daher schlage ich 5 Kriterien vor, wie überhaupt eine pro-feministische Auseinandersetzung mit Männlichkeit und Geschlecht möglich ist. Das akzeptieren männlicher Privilegien ist dabei zentral, da viele Männer diese nach wie vor abstreiten. Eine ausgewogene Diskussion ist so nicht möglich. Im Gegenteil verhindert dieses reflexartige Abstreiten des sexistischen Systems, dass auch Männer ihre berechtigten Anliegen thematisieren können.
Das Abstreiten kostet mehr Energie als das Akzeptieren
Sich pro-feministisch mit Männlichkeit auseinanderzusetzen, bedeutet auch sich mit der Frage was ist (sexistische) Diskriminierung zu beschäftigen. Daher findet Ihr hier diesen einleitenden Artikel zum Reflektieren männlicher Privilegien. Das andauernde Abstreiten der Existenz eines sexistischen Systems und der Erfahrungen, die Frauen* darin machen, muss unbedingt aufhören. Die Argumentation um „weibliche Privilegien“ und „Diskriminierung von Männern“ ist problematisch, da sie meist zum Verdrehen und Verharmlosen genutzt wird. Dies verhindert, dass auch Männer ihre berechtigten Anliegen artikulieren können. Wenn diese Erfahrungen von Frauen* andauernd abgestritten werden, verunmöglicht das eine gemeinsame Auseinandersetzung. Die Energie, die von Männern in diese „uns geht es aber auch schlecht“ Argumentation gesteckt wird, kann besser genutzt werden.
Privilegien-Check ist notwendig um Machtstrukturen zu erkennen
Reflektieren von Privilegien ist relevant, um das dahinter stehende Machtsystem sichtbar zu machen. Häufig erlebe ich die Argumentation, dass man(n) selbst nicht Teil des Problems ist sondern andere Männer. Wenn diese Probleme und Privilegien immer nur bei anderen (Männern oder Frauen) gesucht werden, bleiben wir aber in dieser Diskussion stecken. Dabei geht es erst mal schlicht und einfach darum dieses Machtsystem zu akzeptieren um dann gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Es geht nicht darum, dass (weiße) Männer sich deswegen andauernd schlecht fühlen müssen. (Vergleiche den einführenden Text vom Missy Magazine zu Privilegien.)
Anti-feministischer Verharmlosung entgegentreten
Es ist für viele Menschen kein einfacher Prozess, diese Privilegien zu akzeptieren. Ich empfinde die Akzeptanz dieser aber als wesentlich einfacher, als das Abstreiten und Verstecken. Insbesondere sind Verdrehungen in Richtung „Diskriminierung von Männern“ keine „ausgeglichene Position“, sondern eine Reproduktion anti-feministischer Argumente. Männer sehen dann häufig die (radikale feministische) Forderung. Die krassen anti-feministischen Strukturen und Argumente, die in allen gesellschaftlichen Schichten reproduziert werden, werden hingegen verharmlost. Andere Männer darauf aufmerksam zu machen, dafür sollten (pro-feministische) Männer ihre Energie einsetzten und nicht zur Leugnung dieser Privilegien.
Privilegien und Machtstrukturen sichtbar zu machen, muss ein zentraler Eckpfeiler kritischer Männlichkeit sein, da:
- Es die Systematik, die dahinter steht, für mehr Männer begreifbar machen kann
- Die Anerkennung dieser Privilegien weiterführende Diskussionen ermöglicht (beispielsweise auch zu Nachteilen von Männern in diesem System)
- Die starke anti-feministische Männerrechtsbewegung unbedingt mehr pro-feministischen Gegenwind durch Männern braucht
- Dies keine Aufgabe ist, die nur bei Frauen liegen sollte
Hier findet Ihr die fünf vorgeschlagenen Kriterien, die zu beachten sind, um sich pro-feministisch mit Männlichkeit auseinander zu setzten:
- Reflektieren männlicher Privilegien
- Stereotype (über Männer, Frauen und alle anderen) vermeiden
- Feministische Perspektiven und Kritik ernst nehmen
- Nicht davon ausgehen, dass Frauen* die gleichen Erfahrungen gemacht / Feministin*nen eine einheitliche Position haben
- Männliches Verhalten in den Mittelpunkt der Betrachtung stellen
[CN Antifeministische Argumentationen, Suizid]
Ich finde es grundsätzlich falsch von „männlichen Privilegien“ auszugehen. Auf der kollektiven Ebene, im Vergleich zwischen allen Männern und Frauen in Deutschland, sitzen Männer überproportional in wirtschaftlichen und politischen Machtpositionen. Aber das heißt noch nicht, dass es ein übergreifendes männliches Privileg gibt.
(1) Gruppenprivilegien lassen sich nicht auf die individuelle Ebene übertragen. Ein armer Mann aus einer armen Familie hätte deutlich weniger Chancen als eine reiche Frau aus einer akademischen Familie in wirtschaftliche und politische Machtpositionen zu kommen. Demnach besaß dieser Mann kein männliches Privileg, er gehört nur einer privilegierten Gruppe an – das ist ein großer Unterschied!
(2) Es ist sehr reduktionistisch die Intersektionalität von Privilegien auszublenden. Alle weißen Frauen sind im Schnitt privilegierter als alle schwarzen Männer. Letztere besitzen in keinster Weise das männliche Privileg, welches so häufig auf dieser Website angesprochen wird. Gleiches gilt für andere Privilegierungs-Achsen: ist man ein Mix aus neurotypisch, nicht-behindert und attraktiv oder aus einer bessergestellten sozioökonomischen Schicht, dann werden die Kategorien „Frau / Mann“ schnell bedeutungslos im Vergleich zu anderen Benachteiligungen, die ein Mensch erleben kann.
Also halten wir fest: kollektive Gruppenprivilegien sind keine individuellen Privilegien.
Ich kenne schon das Gegenargument, weshalb ich das hier kurz vorweg nehmen würde:
„Es gibt mehrere Arten durch die man privilegiert sein kann. Allerdings darf man nicht eine reiche Frau mit einem armen Mann vergleichen, weil dies kein Beispiel von Geschlechterdiskriminierung ist. Vielmehr muss man einen reichen Mann mit einer reichen Frau vergleichen. Denn dann erkennt man, dass man zwar durch Einkommen als privilegiert gelten kann, aber nie dadurch, dass man eine Frau ist. Umgekehrt ist ein Mann niemals wegen seines Geschlechts diskriminiert, sondern immer nur durch sekundäre Charakteristiken: Sexualität, atypische Geschlechtsidentität, Hautfarbe usw.
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Also ja: es gibt Männer die diskriminiert werden und Frauen die privilegiert sind, aber Männer sind nicht diskriminiert wegen ihrem Geschlecht und Frauen sind auch nicht privilegiert wegen ihrem Geschlecht
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Wenn alle Merkmale gleich sind, außer das Geschlecht, dann gibt es immer eine Benachteiligung der Frau im Vergleich zum Mann“
Jetzt ist das Problem, dass Männer auf viele Weisen strukturell benachteiligt werden. Sie begehen 3x häufiger Suizid, sind am häufigsten Opfer von Gewalt (ja, durch andere Männer, das spielt keine Rolle), erleben die meisten Arbeitsunfälle, ihre Lebenserwartung ist 5 Jahre geringer und sie dürfen keine Schwäche oder gewisse Emotionen zeigen.
Das sind alles sturkturelle Benachteiligungen. Das heißt, wenn wir einen Mann und eine Frau vergleichen, die in allen anderen Merkmalen gleich sind, dann können wir nicht mit Sicherheit sagen, dass der Mann „es besser hat“, „glücklicher ist“ bzw. „privilegierter“ ist.
Wenn wir nur sagen: eine Gruppe hat mehr Macht und Einkommen, wer dieser Gruppe angehört ist demnach privilegiert, dann ignorieren wir somit alle anderen Benachteiligungsformen (die ich eben aufgelistet habe) und definieren sie einfach weg.
Vor allem erwarten wir auch von Männern, dass sie Dominanz zeigen, mehr Einkommen besitzen usw. also ist das nicht nur ein Privileg, sondern ein Zwang.
Mit der Möglichkeit ein höheres Einkommen zu erlangen, kommt auch die Erwartung ein höheres Einkommen zu besitzen.
Deswegen schlage ich einen viel fruchtbareren feministischen Ansatz vor:
Es gibt gewisse Privilegien die Männer haben und gewisse Privilegien die Frauen haben. Dies resultiert aus einem System, in dem wir von Männern erwarten stark zu sein, dominanz zu zeigen und wirtschaftliche und politische Macht zu erlangen, während wir von Frauen diese Dinge nicht erwarten, allerdings ihr Zugriff zu diesen Dingen auch geringer ist.
Das Ziel ist es beide Geschlechter zu emanzipieren von rigiden Geschlechterrollen und das funktioniert nur, in dem wir die Probleme von beiden Geschlechtern gleich ernst nehmen.
Wenn du einem Mann der sein Leben lang in eine winzig kleine Kategorie gedrängt wurde und ggf. runtergemacht wurde, weil er seinen Männlichkeitsidealen nicht entspricht, erzählst, dass er privilegiert ist. Dann wird er dir komplett desillussioniert entgegenbringen, dass das einfach bullshit ist und du seine Probleme nicht wahrnimmst.
Ich bin nicht anti-feministisch weil ich essentialistische Vorstellungen von Männer und Frauen ablehne, womit eine ewige „Mann = Täter, Frau = Opfer“ Dichotomie, die du hier reproduzierst, einhergeht. Ich bin durch und durch progressiv und lehne Geschlechterrollen ab.
Frauen haben auch mit ernstzunehmenden Problemen zu kämpfen – aber dafür gibt es bereits eine riesige Bewegung, die ihre Probleme ernst nimmt.
Sie haben viel erreicht – Männliche Geschlechterrollen dagegen sind in den 50ern irgendwo hängen geblieben. Eine Frau kann z. B. sowohl männlich als auch weiblich sich präsentieren, während ein Mann in einem Kleid einfach zusammengeschlagen werden würde. Straight up.
Deswegen haben es MTF Transgender auch schwerer als FTM, weil Weiblichkeit bei Männern viel verpönter ist als Männlichkeit bei Frauen.
Solche Probleme lassen sich gar nicht erfassen durch deinen Deutungsrahmen, der einfach von privilegierten Männern ausgeht.
Mein Ramble ist zuende. Bin gespannt ob das hier überhaupt irgendwo ankommt, geschweige denn eine Antwort zurückkommt.
[CN Feminzid, Suizid]
Ach komm, was soll ich denn darauf antworten? Als wenn ich nichts besseres zu tun hätte. Auf dem Blog findest du übrigens verschiedene Artikel, die deine Argumentation aufgreifen. Ist ja nicht so, dass ich die antifeministischen Argumentationen nicht schon 1000 mal gehört hätte.
Kempers Beschreibung trifft es genau: Antifeminismus ist ein Opferkult. Die armen Männer werden in den Selbstmord getrieben, während du andere Themen wie Femizid außen vor lässt. Und warum spielt es keine Rolle, dass Gewalt (gegen Männer und Frauen) vor allem von Männern ausgeht? Oder Suizid vielleicht auch was mit dem Zugang zu eigenen Emotionen zu tun hat?
Natürlich sind (sexistische) Machtstrukturen nicht die einzig relevante Perspektive. Das steht hier auch nirgendwo. Auf diesem Blog geht es aber genau darum. Ich denke tatsächlich auch, dass männliche Geschlechterrollen irgendwo in den 50ern hängen geblieben sind. Aber anstatt darüber nachzudenken, wie das zu ändern wäre, am besten mit Feminist*innen zusammen, immer die gleiche Leier. Eigentlich genau das, was ich hier einleitend geschrieben habe: Das Abstreiten männlicher Privilegien verhindert, dass auch Männer ihre berechtigten Anliegen artikulieren können.
Es geht bei Privilegien nie um Opfer und Täter. Genau wie man als weißer seine weißen Privilegien kennen sollte, sollte man auch als Mann seine männlichen Privilegien kennen. Nur weil ich weiß und privilegiert bin, heisst das nicht das ich Täter bin und dadurch rassistisch Handel, im Gegenteil. Dadurch das ich weiß das ich wohl eher eine Wohnung bekomme als meine schwarzen Mitmenschen, kann ich eher das Problem angehen und anti rassistisch handeln. Genau so funktioniert das beim sexismus. Mann sollte verstehen wo seine Vorteile in der Gesellschaft liegen und sich nicht als Täter fühlen weil er ein manchmal leichteres Leben hat.
Zb wie die Medizin auf Männer schneller und sorgfältiger zu einer Heilung und Behandlung kommt als bei Frauen, wie Handys heutzutage so groß sind das nur Männer Hände sie wirklich halten können, wie Männer für ihre Erfahrung gefeiert werden, Frauen aber abgestempelt, wie crashtests immer nur mit männlichen dummys gemacht werden und somit mehr Frauen bei Verkehrsunfällen sterben, wie die Gesellschaft einem Vater applaudiert der sich mal ums eigene Kind kümmert aber die Mutter sofort die rabenmutter ist wenn sie man nen Abend mit den Mädels rausgeht, es gibt so viele Kleinigkeiten.